TEXT ZUR AUSSTELLUNG
Orte
Skulpturen von Umberto Cavenago und Ulrich Egger
Ulrich Egger
Der Künstler Ulrich Egger zeigt in der Ausstellung in der Galerie „Gefängnis Le Carceri“ neue Werke, die in engem Kontakt zu den Gefängnisräumen stehen. „Ich kann das Wissen um die Geschichte dieses magischen Orts nicht ausschalten“, sagt der Künstler bei der Besichtigung der Galerie. Die Enge und Bedrücktheit dieser Räume erzeugen eine besondere Befindlichkeit. Egger lässt mit seinen Arbeiten die Schwingungen der Räume, die einst Menschen umgaben, spüren: sie werden zu „Denk-Orten“. Die Werke des Künstlers beziehen sich auf die Architektur der Räume und reagieren unmittelbar auf deren Dimensionen.
Die Räume mögen auf den ersten Blick einheitlich und in sich stimmig wirken, sie zeigen aber bei näherer Betrachtung unterschiedliche existenzielle und private Schicksale. In der Phantasie des Betrachters nehmen diese individuellen Geschichten Gestalt an.
Ein vergoldetes kleines fensterloses Haus schwebt in der Luft. Neonröhren durchbohren fensterlose, aus Zement gegossene Häuser. Mit einer Schraubzwinge verbundene Fenster und eng umschlungen Rohre liegen auf dem Boden.
Für die Plastiken verwendet der Künstler unterschiedliche Materialien: Zement, Eisen, Glas, Holz und Fotografien.
Die schlichten Formen lassen keine Berührung und Körperlichkeit zu.
Bis auf das Gezwitscher der Vögel draußen, bleiben die Räume stumm.
Umberto Cavenago
La 74
2006, Stahl CorTen, 300 × 205 × 216 cm
Wie der Titel schon verrät, wird dieses Werk von La 74, dem Panzerwagen von di Filippo beeinflusst.
Tommaso Marinetti beschreibt diesen in seinem Roman L'alcova di acciaio (1921). Das Buch, welches F. T. Marinetti den letzen Monaten seiner Kampferfahrung während des Ersten Weltkrieges widmet, erzählt von den Taten des jungen Oberleutnants an Bord des futuristischen Panzerwagens Lancia-Ansaldo 1ZM, (Matrikelnummer 74). In diesem Gefährt stürzte er sich in Richtung der feindlichen Front. Cavenago greift diesen Mythos wieder auf und zeigt ihn als Antikriegssymbol. Die Skulptur auf Rädern zeigt eine Neuauslegung der ästhetischen Erfahrung des ersten Futurismus. Dabei handelt es sich um einen Panzerwagen aus Cortenstahl, der durch seine Ausführung jedoch jegliche Verbindung zum Ausgangsobjekt verliert.
Obgleich dieses Werk entschärft und auf ein Minimum der Größe reduziert worden ist, bewahrt das Werk eine rätselhafte Aggressivität. La 74 ist ein Werk auf Rädern, augenscheinlich unzugänglich, das in seinem Inneren einen symbolische Alkoven birgt, der aus zwei Kojen besteht, die auf den militärischen Bereich hindeuten. Eine Art gepanzerte Zelle ohne Schießscharten oder, abgesehen von der Eingangstür auf einer der beiden kürzeren Seiten, jegliche Öffnung nach außen.
Das Werk besteht aus etwa vierzig Stücken aus Cortenstahl, die sich auf einem verzinkten Rahmen befinden und alle montiert und verbolzt sind.